Eine aktuelle Entscheidung des OLG Hamm gibt Anlass, sich nochmals mit einem Problemkreis zu befassen, der vielen Autofahrern nicht bewusst ist. Der Bußgeldkatalog ist gemäß § 1 Abs. 2 BKatV unterteilt in einen Abschnitt mit Regelungen zur fahrlässigen Begehung und einen Abschnitt mit Regelungen zur vorsätzlichen Begehung. Die Regelungen zur Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit befinden sich mit laufender Nr. 11 des Bußgeldkataloges i.V.m. Anhang 1 zu Nr. 11 des Bußgeldkataloges im Bereich, der fahrlässige Begehung regelt.
Aus diesem Grund kann auch bei Gericht eine Aussage wie „ich habe das Schild nicht gesehen“ nicht dabei helfen, einer Ahndung der Geschwindigkeitsüberschreitung zu entgehen. Denn der Gesetzgeber geht grundsätzlich von einer fahrlässigen, also nicht absichtlichen Begehung aus.
Das OLG Hamm hat sich in einem Beschluss vom 10.05.2016 (4 RBs 91/16) mit der Frage auseinandergesetzt, ob bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung von mehr als 40 % über der Höchstgeschwindigkeit immer noch von einer fahrlässigen Begehung ausgegangen werden kann oder ob in einem solchen Fall nicht von einer vorsätzlichen Begehung ausgegangen werden muss. Diese Unterscheidung ist wichtig für die Höhe einer Geldbuße. Nach § 3 Abs. 4a BKatV ist bei der vorsätzlichen Verwirklichung eines Tatbestandes aus dem Bereich, welcher die fahrlässige Begehung vorsieht, die Geldbuße zu verdoppeln und auf den nächsten vollen Euro-Betrag aufzurunden. So kann aus einer Geldbuße in Höhe von 160,- € eine Geldbuße von 400,- € werden.
Die Rechtsprechung hat zwei Ansätze gewählt um vorsätzliches Verhalten bei Geschwindigkeitsverstößen zu bejahen. Das OLG Koblenz bspw. macht den Vorsatz an einer konkreten Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit fest( 40 km/h, vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 20.12.2012, 1 Ss Rs 99/12), während andere Gerichte wie das OLG Celle (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 28.10.2013, 322 S Vorsatz bei einer Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit um 40 % annehmen.
Bei der dem OLG Hamm vorliegenden Angelegenheit war die Höchstgeschwindigkeit um 40 % überschritten worden, das OLG Hamm folgte der Rechtsprechung bspw. des OLG Celle und sah die vorsätzliche Begehung als gegeben an. Hierbei wurde von dem Erfahrungssatz ausgegangen, dass einem Fahrzeugführer die erhebliche Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit aufgrund der Fahrgeräusche und der vorüberziehenden Umgebung bei einer Überschreitung um 40 % nicht verborgen bleiben kann.
Dieses Indiz spricht bei jeder erheblichen Geschwindigkeitsüberschreitung immer gegen den Fahrer, hier reicht ein einfacher Einspruch nicht aus, es muss ein Vortrag erfolgen, der dieses Indiz entkräften kann.