Arbeitsrecht Gesetzliche Kündigungsfristen für Arbeitnehmer und Arbeitgeber

Wann gelten welche Kündigungsfristen?
Ein neues Jobangebot, ein beruflicher Neuanfang oder ein Konflikt im Team – es gibt viele Gründe, warum ein Arbeitsverhältnis beendet wird. Doch egal, ob die Kündigung durch den Arbeitnehmer oder den Arbeitgeber erfolgt: Bestimmte Fristen müssen eingehalten werden. Die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses wirft oft viele rechtliche Fragen auf, insbesondere dann, wenn es um die gesetzlichen Kündigungsfristen geht. Denn wann genau welche Frist gilt, hängt davon ab, wer kündigt, wie lange das Arbeitsverhältnis besteht und ob zusätzliche Regelungen durch Tarifvertrag oder Arbeitsvertrag greifen.
Wer hier nicht genau hinschaut, riskiert rechtliche Nachteile – etwa eine zu berechnende Kündigungsfrist.
Für Arbeitnehmer gelten grundsätzlich andere Voraussetzungen als für Arbeitgeber, insbesondere in Bezug auf die Kündigungsdauer. Auch Sonderregelungen, etwa während der Probezeit, können den Kündigungsschutz und die Fristen beeinflussen. In diesem Beitrag geben wir einen strukturierten Überblick darüber, welche Kündigungsfristen für Arbeitnehmer und Arbeitgeber gelten – und worauf bei der fristgerechten Kündigung in der Praxis zu achten ist.
Ordentliche oder außerordentliche Kündigung – was ist der Unterschied?
Die in diesem Beitrag dargestellten gesetzlichen Kündigungsfristen gelten ausschließlich für die ordentliche Kündigung – also für die reguläre Beendigung eines Arbeitsverhältnisses unter Einhaltung der jeweils geltenden Frist. Davon zu unterscheiden ist die außerordentliche Kündigung , bei der in der Regel keine Kündigungsfrist gilt. Sie ist nur unter engen Voraussetzungen zulässig und setzt einen wichtigen Grund voraus, etwa bei Diebstahl, grober Pflichtverletzung oder schwerem Vertrauensbruch.
Während die ordentliche Kündigung für Arbeitnehmer wie Arbeitgeber an feste Fristen gebunden ist, erlaubt die außerordentliche Kündigung gemäß § 626 BGB eine fristlose Beendigung des Arbeitsverhältnisses – allerdings nur, wenn eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar wäre.
Kündigungsfristen für Arbeitnehmer
Für Arbeitnehmer gilt in Deutschland grundsätzlich eine einheitliche gesetzliche Kündigungsfrist. Sie ist in § 622 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) geregelt und beträgt:
Vier Wochen zum Fünfzehnten oder zum Ende eines Kalendermonats.
Das bedeutet: Ein Arbeitnehmer kann das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von 28 Tagen kündigen, wobei der nächstmögliche Termin entweder der 15. oder der letzte Tag eines Monats ist. Die Kündigung muss schriftlich erfolgen ( § 623 BGB ) – eine E-Mail oder WhatsApp-Nachricht ist nicht ausreichend und damit rechtlich unwirksam.
Beispiel aus der Praxis
Wenn ein Arbeitnehmer seine Kündigung am 3. Juli einreicht, endet das Arbeitsverhältnis regulär am 31. Juli. Reicht er sie am 20. Juli ein, endet es am 15. August.
Diese Kündigungsfristen für Arbeitnehmer gelten unabhängig von der Dauer des Arbeitsverhältnisses. Sie verlängern sich nicht mit wachsender Betriebszugehörigkeit – im Gegensatz zu den Kündigungsfristen für den Arbeitgeber.
Sonderregelungen durch Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag
Die gesetzliche Frist kann durch einen Arbeitsvertrag verlängert oder verkürzt werden – jedoch nur, wenn die vertraglich vereinbarte Regelung den Arbeitnehmer nicht unangemessen benachteiligt. Gleiches gilt für Tarifverträge , die – insbesondere in bestimmten Branchen wie dem Baugewerbe, im Einzelhandel oder in der Pflege – eigene Kündigungsregelungen vorsehen können.
Kündigung während der Probezeit
Auch wenn die Probezeit ein eigenes Kapitel verdient (→ siehe unten: Ausnahmen und Sonderregelungen), gilt hier bereits: Die gesetzliche Kündigungsfrist während der Probezeit beträgt nach § 622 Abs. 3 BGB zwei Wochen – und kann von beiden Seiten ohne Angabe von Gründen ausgesprochen werden.
Berechnung der Kündigungsfrist für Arbeitgeber
Für Arbeitgeber gelten nach dem § 622 BGB gestaffelte gesetzliche Kündigungsfristen, die sich nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers richten. Mit wachsender Dauer des Arbeitsverhältnisses verlängert sich die Frist stufenweise.
Kündigungsfrist für Arbeitgeber berechnen
Diese gesetzlichen Kündigungsfristen gelten ausschließlich für ordentliche Kündigungen, die vom Arbeitgeber ausgesprochen werden. Sie beziehen sich immer auf das Monatsende – eine Kündigung zum 15. des Monats ist für Arbeitgeber gesetzlich nicht vorgesehen.
Wie wird die Beschäftigungsdauer berechnet?
Für die Berechnung zählt die tatsächliche Dauer der ununterbrochenen Anstellung seit Beginn des Arbeitsverhältnisses. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um Vollzeit oder Teilzeit handelt. Frühere Arbeitsverhältnisse mit Unterbrechung (z. B. bei Befristung oder Wiedereinstellung) werden dabei nicht automatisch mitgerechnet.
Abweichende Kündigungsfristen
Die gesetzlichen Kündigungsfristen bilden die Mindeststandards, von denen in vielen Fällen vertraglich oder tariflich abgewichen werden kann. Solche Abweichungen sind grundsätzlich zulässig, allerdings nur dann, wenn sie keine unangemessene Benachteiligung der Arbeitnehmer darstellen.
Kündigungsfristen im Arbeitsvertrag
Ein Arbeitsvertrag kann sowohl längere als auch kürzere Kündigungsfristen vorsehen. Wichtig ist jedoch, dass verkürzte Fristen im Regelfall nur zugunsten des Arbeitnehmers erlaubt sind. Für Arbeitgeber gilt: Wird eine kürzere Frist als die gesetzlich vorgesehene vereinbart, kann diese unwirksam sein, wenn sie gegen das Gebot der Gleichbehandlung oder gegen § 622 BGB verstößt.
Kündigungsfristen im Tarifvertrag
Tarifverträge können ebenfalls von den gesetzlichen Vorgaben abweichen – und das sowohl zugunsten als auch zulasten der Beschäftigten. In Branchen wie dem Baugewerbe, der Pflege oder dem Einzelhandel enthalten viele Tarifverträge abweichende Kündigungsfristen , die vorrangig vor den gesetzlichen Regeln gelten.
Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollten daher immer prüfen, ob auf ihr Arbeitsverhältnis ein Tarifvertrag Anwendung findet, etwa über eine Gewerkschaftszugehörigkeit oder durch Bezugnahme im Arbeitsvertrag. In solchen Fällen gelten die tariflichen Kündigungsfristen – auch dann, wenn sie von den gesetzlichen Fristen abweichen.
Sonderregelungen bei den gesetzlichen Kündigungsfristen
Neben den allgemeinen Regeln gibt es im Kündigungsrecht auch verschiedene Sonderfälle , in denen abweichende Kündigungsfristen gelten. Diese betreffen unter anderem die Probezeit, schwerbehinderte Menschen sowie Beschäftigte im öffentlichen Dienst.
Kündigungsfristen während der Probezeit
In der Probezeit kann das Arbeitsverhältnis sowohl vom Arbeitnehmer als auch vom Arbeitgeber mit einer verkürzten Frist beendet werden. Die Kündigungsfristen während der Probezeit betragen in der Regel zwei Wochen, sofern nichts anderes im Arbeitsvertrag vereinbart wurde. Die Kündigung kann dabei zu jedem beliebigen Tag erfolgen, nicht nur zum 15. oder Monatsende.
Wichtig: Die Probezeit darf laut § 622 Absatz 3 BGB maximal sechs Monate dauern. Danach greifen automatisch die regulären gesetzlichen Kündigungsfristen.
Besondere Regelungen bei Schwerbehinderung
Wenn ein Arbeitnehmer einen Grad der Behinderung von mindestens 50 aufweist oder seine Behinderung diesem Grad gleichgestellt wurde, gelten zusätzliche Schutzvorschriften. Eine Kündigung durch den Arbeitgeber ist dann nur mit vorheriger Zustimmung des Integrationsamts möglich ( § 168 SGB IX ). Das betrifft zwar nicht die Länge der Kündigungsfrist selbst, kann aber die Wirksamkeit der Kündigung verhindern, wenn die Zustimmung fehlt.
Öffentlicher Dienst
Im öffentlichen Dienst gelten häufig tarifvertraglich geregelte Kündigungsfristen, die sich an den TVöD (Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst) anlehnen. Diese weichen in der Praxis oft von den Vorschriften des BGB ab und sind zum Teil deutlich komplexer geregelt. Beschäftigte im öffentlichen Dienst sollten daher immer prüfen, ob für sie tarifliche Sonderregelungen gelten.
Kündigungsfrist berechnen – so geht’s
Wer ein Arbeitsverhältnis beenden möchte, sollte die Frist sorgfältig berechnen, um Formfehler und spätere Streitigkeiten zu vermeiden. Die gesetzlichen Kündigungsfristen beginnen erst mit dem Zugang der schriftlichen Kündigung beim Vertragspartner und nicht mit dem Datum auf dem Schreiben.
Ausgangspunkt: Zugang der Kündigung
Die Kündigung gilt rechtlich erst dann als ausgesprochen, wenn sie dem anderen Vertragspartner nachweislich zugegangen ist. Bei einer persönlichen Übergabe mit Unterschrift ist der Zugang direkt erfolgt. Wird das Schreiben per Post verschickt, gilt es unter Umständen als am nächsten Werktag zugestellt – eine pauschale Aussage ist jedoch nicht möglich. Maßgeblich sind immer die konkreten Umstände des Einzelfalls, etwa die Versandart oder mögliche Zustellhindernisse.
So kannst du deine Kündigungsfrist berechnen
Ein Arbeitnehmer reicht am 5. Juni seine Kündigung ein. Die Kündigung geht dem Arbeitgeber am selben Tag zu. Die gesetzliche Frist beträgt vier Wochen zum 15. oder Monatsende . Somit endet das Arbeitsverhältnis am 30. Juni – vier Wochen nach Zugang.
Würde die Kündigung jedoch erst am 10. Juni zugehen, wäre das nächstmögliche Beendigungsdatum der 15. Juli.
Bei längeren Kündigungsfristen – etwa für Arbeitgeber nach mehreren Jahren Betriebszugehörigkeit – richtet sich das Enddatum nach der jeweiligen Stufe der gesetzlich vorgesehenen Frist (siehe oben).
Tipp zur Berechnung
Im Zweifel hilft ein digitaler Fristenrechner , der bei vielen Fachportalen angeboten wird. Wer auf Nummer sicher gehen möchte, sollte sich jedoch anwaltlich beraten lassen, um die konkrete Kündigungsfrist berechnen zu lassen – vor allem bei komplexen Vertragsverhältnissen, tariflichen Regelungen oder Sonderkündigungsschutz.
Häufige Fehler bei der fristgerechten Kündigung
Auch bei einer fristgerechten Kündigung kommt es in der Praxis immer wieder zu formalen oder inhaltlichen Fehlern – oft mit erheblichen rechtlichen Konsequenzen. Wer sicher kündigen will, sollte daher typische Fallstricke kennen und vermeiden.
Die Kündigung muss zwingend schriftlich erfolgen ( § 623 BGB ). Eine Kündigung per E-Mail, Fax oder Messenger-Dienst wie WhatsApp ist nicht zulässig – auch dann nicht, wenn beide Seiten damit einverstanden wären. Ohne eigenhändige Unterschrift ist die fristgerechte Kündigung unwirksam.
Die Frist beginnt erst mit dem Zugang der Kündigung. Wird das Schreiben verspätet zugestellt oder landet es im falschen Postfach, kann dies zu einer erheblichen Verlängerung der Kündigungsfrist führen. Idealerweise erfolgt die Zustellung per Einschreiben mit Rückschein oder durch persönliche Übergabe mit Empfangsbestätigung.
Ein häufiger Fehler ist die falsche Berechnung der Frist – etwa bei Monatswechseln, Feiertagen oder unklaren Arbeitsverträgen. Besonders kritisch: Wird ein falsches Enddatum angegeben, kann das zur Unwirksamkeit der Kündigung führen. Im Zweifel sollte man die Kündigungsfrist berechnen lassen – entweder mit einem Fristenrechner oder durch anwaltliche Beratung.
Verkürzte Fristen im Arbeitsvertrag sind nicht immer zulässig – insbesondere dann, wenn sie zulasten des Arbeitnehmers gehen. Arbeitgeber sollten vor dem Aussprechen einer Kündigung prüfen, ob vertragliche Abweichungen mit den gesetzlichen Regelungen vereinbar sind.
Fazit & rechtliche Einordnung
Die gesetzlichen Kündigungsfristen bieten einen klaren Rahmen für die fristgerechte Kündigung – sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber. Wer seine Rechte und Pflichten kennt, kann Kündigungen rechtssicher gestalten und unnötige Konflikte vermeiden. Dabei ist nicht nur die korrekte Berechnung der Fristen entscheidend, sondern auch die Einhaltung der Formvorschriften und die Berücksichtigung möglicher Sonderregelungen.
Ob Kündigungsfristen während der Probezeit, tarifliche Abweichungen oder Besonderheiten im öffentlichen Dienst: Eine genaue Prüfung des Einzelfalls ist unerlässlich. Bei Unsicherheiten, insbesondere bei der Fristberechnung oder der Auslegung von Arbeits- und Tarifverträgen, empfiehlt sich die frühzeitige Rechtsberatung durch eine erfahrene Kanzlei .
Wenn Sie Unterstützung benötigen oder sichergehen wollen, dass Ihre fristgerechte Kündigung rechtlich wirksam ist, stehen wir Ihnen gerne zur Seite. Unsere Kanzlei in Bonn berät Sie kompetent und persönlich zu allen Fragen rund um das Arbeitsrecht – auch kurzfristig.