Familienrecht Wann ist ein Ehevertrag sinnvoll?

Ehevertrag ja oder nein?
Wenn Paare heiraten, stehen oft die Liebe und das gemeinsame Glück im Vordergrund. Rechtliche Aspekte, wie die Frage nach einem Ehevertrag, wirken da zunächst sehr nüchtern und vollkommen unromantisch. Doch es kann durchaus wichtig sein, sich frühzeitig mit diesem Thema zu beschäftigen. Denn die gesetzlichen Regelungen, die ohne Ehevertrag automatisch gelten, passen einfach nicht zu jeder Lebenssituation.
Ob Ehevertrag ja oder nein , hängt stark von den individuellen persönlichen Umständen ab. Wer gemeinsam Vermögen aufbaut, eine Familie gründet oder vielleicht eine zweite Ehe eingeht, hat oft andere Interessen als ein Paar, bei dem beide gleich verdienen und keine größeren Vermögensunterschiede bestehen. Ein Ehevertrag kann helfen, klare Verhältnisse zu schaffen und spätere Streitigkeiten, zum Beispiel im Falle einer Scheidung , zu vermeiden.
In diesem Artikel erfahren Sie, was ein Ehevertrag regelt, in welchen Situationen er besonders sinnvoll ist, welche Kosten entstehen und wo Sie ihn abschließen können. So erhalten Sie einen umfassenden Überblick, ob ein Ehevertrag für Ihre persönliche Situation die richtige Entscheidung ist.
Was regelt ein Ehevertrag?
Bei einem Ehevertrag handelt es sich quasi um ein individuelles Regelwerk für die Ehepartner. Darin können Paare festlegen, wie ihr Vermögen im Fall einer Trennung oder Scheidung aufgeteilt wird und welche Vereinbarungen für Unterhalt und Altersvorsorge gelten sollen.
Im Mittelpunkt steht häufig die Frage nach dem Güterstand . Ohne besondere Vereinbarung gilt in Deutschland automatisch die sogenannte Zugewinngemeinschaft . Das bedeutet: Alles, was während der Ehe an Vermögen hinzukommt, wird im Falle einer Scheidung zwischen den Partnern geteilt. Wer das nicht möchte, kann im Ehevertrag eine Gütertrennung vereinbaren oder eine abweichende, individuell zugeschnittene Regelung festhalten.
Darüber hinaus lassen sich im Ehevertrag Vereinbarungen zum nachehelichen Unterhalt und zum Versorgungsausgleich treffen. So kann geregelt werden, ob und in welcher Höhe ein Partner nach der Scheidung Unterhaltszahlungen leisten muss. Ebenfalls können Regelungen zur Aufteilung der Rentenanwartschaften getroffen werden. Auch Sonderfälle wie ein gemeinsam geführtes Unternehmen oder die Absicherung von Kindern aus früheren Beziehungen können berücksichtigt werden.
Was bedeutet Versorgungsausgleich?
Der Versorgungsausgleich regelt die Verteilung der während der Ehe erworbenen Rentenansprüche. Bei einer Scheidung werden diese Ansprüche grundsätzlich zwischen beiden Partnern ausgeglichen, sodass jeder einen gerechten Anteil erhält. Im Ehevertrag können abweichende Regelungen getroffen oder der Ausgleich unter bestimmten Voraussetzungen ausgeschlossen werden.
Wann ist ein Ehevertrag sinnvoll?
Ob ein Ehevertrag abgeschlossen werden sollte, hängt stark von den persönlichen Lebensumständen ab. Für Paare, die finanziell ähnlich aufgestellt sind und keine größeren Vermögenswerte besitzen, reichen die gesetzlichen Regelungen oft aus. Doch in vielen Situationen schafft ein Ehevertrag Sicherheit und Klarheit für beide Seiten.
Ein klassischer Fall ist die Selbstständigkeit : Gehört einem Ehepartner ein Unternehmen, kann eine Scheidung ohne Ehevertrag schnell die wirtschaftliche Existenz gefährden. Auch wenn einer der Partner Vermögen mit in die Ehe bringt, welches einen deutlichen Wertzuwachs innerhalb der Ehe erfährt oder während der Ehe einseitig Vermögen erworben wurde, kann ein Ehevertrag sinnvoll sein, um klare Grenzen zu ziehen. Wenn Sie zum Beispiel Immobilien oder andere größere Werte in die Ehe mitbringen, kann durch vertragliche Vereinbarungen sichergestellt werden, dass diese nicht automatisch in den Zugewinnausgleich fallen.
Darüber hinaus spielt ein Ehevertrag eine wichtige Rolle, wenn Kinder aus einer früheren Beziehung vorhanden sind. Hier können Vereinbarungen getroffen werden, die sicherstellen, dass sowohl die Kinder als auch der neue Ehepartner im Falle einer Scheidung oder eines Todesfalls abgesichert sind.
Ein Ehevertrag kann außerdem in weiteren Situationen sinnvoll sein, zum Beispiel:
- wenn ein Partner zugunsten der Kinder auf eine Vollzeittätigkeit verzichtet und dadurch finanzielle Nachteile ausgleichen möchte,
- bei internationalen Ehen, um Unsicherheiten durch unterschiedliche Rechtssysteme zu vermeiden,
- bei ungleichen Schuldenverhältnissen, um den anderen Ehepartner abzusichern,
- bei größeren Erbschaften oder Schenkungen, damit diese rechtlich eindeutig behandelt werden.
Was bedeutet Zugewinnausgleich?
Der Zugewinnausgleich ist das gesetzliche Modell, das automatisch gilt, wenn kein Ehevertrag abgeschlossen wird. Dabei wird geschaut, wie sich das Vermögen beider Ehepartner während der Ehe entwickelt hat.
Zu Beginn der Ehe wird ein sogenanntes Anfangsvermögen festgestellt, am Ende ein Endvermögen. Die Differenz dazwischen ist der Zugewinn. Hat ein Ehepartner einen höheren Zugewinn erzielt, muss er die Hälfte der Differenz an den anderen abgeben. So soll sichergestellt werden, dass beide Partner gleichermaßen vom Vermögenszuwachs während der Ehe profitieren.
Scheidung mit Ehevertrag - welche Vorteile bietet das?
Ein Ehevertrag schafft im Falle einer Scheidung klare Verhältnisse . Vereinbarungen über den Güterstand, den nachehelichen Unterhalt oder den Versorgungsausgleich verhindern, dass diese Punkte erst langwierig vor Gericht geklärt werden müssen. Das spart nicht nur Zeit und Nerven, sondern auch erhebliche Kosten. Paare, die einen Ehevertrag abgeschlossen haben, erleben die Trennung in der Regel weniger konfliktbelastet und können den Fokus auf die tatsächliche Neugestaltung ihres Lebens legen.
Zu den Vorteilen gehört außerdem, dass sich die Dauer des Scheidungsverfahrens verkürzt . Viele Fragen, die sonst im Rahmen einer gerichtlichen Auseinandersetzung geklärt werden müssten, sind bereits im Ehevertrag geregelt. Auch die emotionale Belastung für beide Seiten wird dadurch deutlich reduziert.
Allerdings bedeutet ein Ehevertrag nicht, dass seine Regelungen in jedem Fall unangetastet bleiben. Im Rahmen einer Scheidung kann ein Ehepartner geltend machen, dass der Vertrag unwirksam ist. Das Gericht prüft dann im Wege der sogenannten Wirksamkeitskontrolle und Ausübungskontrolle, ob die Vereinbarungen Bestand haben oder ob sie einzelne Regelungen anpassen oder für unwirksam erklären. Deshalb ist es wichtig, den Vertrag ausgewogen zu gestalten und sich rechtzeitig von einem spezialisierten Rechtsanwalt beraten zu lassen. So stellen Sie sicher, dass Ihre Interessen gewahrt bleiben und der Vertrag auch vor Gericht Bestand hat.
Kosten für einen Ehevertrag - womit muss man rechnen?
Viele Paare zögern zunächst, weil sie nicht wissen, wie hoch die Kosten für einen Ehevertrag tatsächlich sind. Wichtig zu wissen: Sowohl die notarielle Beurkundung als auch die anwaltliche Beratung richten sich nach dem sogenannten Geschäftswert . Dieser wird auf Grundlage des Vermögens der Ehepartner berechnet. Alternativ kann mit dem Anwalt eine Honorarvereinbarung geschlossen werden, die zu einer Abrechnung auf Stundenbasis führt.
Die Gebühren für den Notar sind gesetzlich festgelegt. Je höher das Vermögen, desto höher fallen die Kosten aus. Bei einem Vermögen von beispielsweise 50.000 Euro können die Notarkosten einige Hundert Euro betragen, bei größeren Vermögen entsprechend mehr. Zusätzlich entstehen Anwaltskosten, wenn Sie sich vorab beraten oder den Vertrag juristisch prüfen lassen möchten. Für eine erste Orientierung können Sie Online-Rechner nutzen wie zum Beispiel den Notarkostenrechner für Eheverträge oder den RVG-Anwaltskostenrechner . Diese bieten eine gute Schätzung, ersetzen aber keine individuelle Beratung. Einen allgemeinen Kostenrechner für Eheverträge gibt es aktuell nicht.
Die folgende Übersicht zeigt typische Werte in Abhängigkeit vom gemeinsamen Reinvermögen.
Beispielhafte Kostenübersicht anhand des Reinvermögens
Reinvermögen (gemeinsam) | Notarkosten (inkl. MwSt. & Auslagen) |
Beispiel Anwaltskosten* |
---|---|---|
50.000 € | ca. 392 € | ca. 2.000 € |
100.000 € | ca. 650 € | ca. 2.600 € |
200.000 € | ca. 870 € | ca. 3.200 € |
500.000 € | ca. 1.500 € | ca. 5.200 € |
*Die Anwaltskosten variieren je nach Umfang der Beratung und werden nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) berechnet.
Berechnungsbeispiel
Ein Ehepaar verfügt über ein gemeinsames Reinvermögen von 200.000 € . Daraus ergibt sich ein Geschäftswert in gleicher Höhe. Die Notarkosten betragen in diesem Fall etwa 870 € zuzüglich Auslagen und Mehrwertsteuer. Beauftragen die Eheleute zusätzlich einen Rechtsanwalt mit der Gestaltung oder Überprüfung des Vertrags, entstehen weitere Kosten von ca. 3.200 € , abhängig vom Umfang der Beratung.Gerade bei hohen Vermögenswerten kann es günstiger für Sie sein, eine Honorarvereinbarung auf Stundensatzbasis zu schließen, um Ihre Kosten geringer zu halten.
Damit Sie keine bösen Überraschungen erleben, ist es sinnvoll, sich vorab bei einem erfahrenen Anwalt für Eheverträge zu informieren. Unsere Kanzlei in Bonn berät Sie transparent über die voraussichtlichen Kosten und erklärt Ihnen, wie diese zustande kommen. So haben Sie von Anfang an Klarheit und können eine fundierte Entscheidung treffen. Sollte zu Ihrer Situation eine Abrechnung auf Grund einer Honorarvereinbarung sinnvoller sein, in welcher die Tätigkeit auf Stundenbasis abgerechnet wird, beraten wir Sie auch hierzu.
Tipp : Wenn Sie sich umfassend über das Thema Scheidung informieren möchten, lesen Sie auch unseren Beitrag Scheidung einreichen und Verfahren verstehen .
Ehevertrag beim Anwalt oder Notar - wo abschließen?
Ein Ehevertrag ist nur wirksam, wenn Sie ihn notariell beurkunden lassen. Ohne die Mitwirkung eines Notars hat der Vertrag vor Gericht keine Gültigkeit. Der Notar stellt sicher, dass die Vereinbarungen rechtlich korrekt formuliert sind und beide Ehepartner über die rechtlichen Folgen aufgeklärt werden. Der Notar kann den Vertrag nicht nur beurkunden, sondern auch selbst aufsetzen.
Trotzdem sollten Sie sich nicht allein auf den Notar verlassen . Notare sind zur Neutralität verpflichtet und dürfen keine der beiden Seiten bevorzugen. Außerdem arbeiten Notare in der Regel nicht forensisch, sie vertreten Rechtssuchende also nicht vor Gericht. Wenn Sie sicherstellen möchten, dass Ihre persönlichen Interessen in den Vertrag einfließen und mögliche Risiken erkannt werden, empfiehlt sich die Unterstützung durch einen Rechtsanwalt für Eheverträge . Dieser kann den Vertrag für Sie vorbereiten oder prüfen und darauf achten, dass die Regelungen fair und rechtlich wirksam sind.
Wo liegen die Grenzen eines Ehevertrags?
Ein Ehevertrag ist kein Freifahrtschein für beliebige Regelungen. Vereinbarungen, die einen Ehepartner grob benachteiligen oder sittenwidrig sind, können von Gerichten für unwirksam erklärt werden. Auch bestimmte gesetzliche Ansprüche – etwa der Kindesunterhalt – lassen sich nicht ausschließen. Daher muss jeder Ehevertrag einer Wirksamkeitskontrolle und einer Ausübungskontrolle standhalten. Hierzu beraten wir Sie gerne.
Fazit - Ist ein Ehevertrag sinnvoll?
Ob ein Ehevertrag notwendig ist, hängt stark von Ihrer persönlichen Situation ab. Für viele Paare reichen die gesetzlichen Regelungen aus, in anderen Fällen sorgt ein Vertrag für Klarheit und Sicherheit. Besonders bei größeren Vermögenswerten, Selbstständigkeit, Kindern aus früheren Beziehungen oder internationalen Ehen lohnt es sich, frühzeitig über einen Ehevertrag nachzudenken.
Wichtig ist, dass der Vertrag ausgewogen gestaltet wird und rechtlich Bestand hat. Unser Rechtsanwalt für Familienrecht in Bonn berät Sie umfassend zu den Möglichkeiten, erstellt mit Ihnen gemeinsam einen individuellen Vertragsentwurf und begleitet Sie bis zur Beurkundung beim Notar. So stellen Sie sicher, dass Ihr Ehevertrag nicht nur gültig ist, sondern auch Ihre Interessen zuverlässig schützt.
FAQ zum Ehevertrag
Ja, ein Ehevertrag ist nicht nur vor, sondern auch während der Ehe möglich. In diesem Fall spricht man von einer nachträglichen Vereinbarung des Güterstands.
Die Kosten hängen vom gemeinsamen Reinvermögen der Ehepartner ab. Bei einem Vermögen von 100.000 € liegen die Notarkosten beispielsweise bei rund 650 €.
Nein. Ohne notarielle Beurkundung ist ein Ehevertrag nicht rechtswirksam.
Ja, wenn der Vertrag sittenwidrig ist oder eine Seite grob benachteiligt, kann er von einem Gericht ganz oder teilweise für unwirksam erklärt werden.
In der Zugewinngemeinschaft muss der Partner mit höherem Vermögenszuwachs bei einer Scheidung die Hälfte des Zugewinns abgeben. Das kann für Selbstständige oder Eigentümer von Immobilien nachteilig sein.
Der Versorgungsausgleich betrifft die während der Ehe erworbenen Rentenansprüche. Im Ehevertrag kann er individuell geregelt oder unter bestimmten Voraussetzungen ausgeschlossen werden.