Familienrecht Zugewinnausgleich - was Sie bei Scheidung, Erbe und Immobilien wissen müssen

Eine Scheidung ist oft schon kompliziert genug – noch schwieriger wird es, wenn es ums Geld und um das gemeinsame Vermögen geht. Was passiert mit dem ersparten Geld auf dem Konto, mit der abbezahlten Eigentumswohnung oder dem Auto, das während der Ehe gekauft wurde? Und was ist mit einem Erbe, das einer der beiden erhalten hat?
Hier kommt der Zugewinnausgleich ins Spiel. Er soll sicherstellen, dass beide Ehepartner fair an dem teilhaben, was während der Ehe an Vermögen dazu gekommen ist. Klingt erst einmal einfach, wirft in der Praxis aber viele Fragen auf: Was gehört dazu, was nicht? Wie wird der Zugewinn berechnet? Und wann muss man überhaupt nichts ausgleichen?
In diesem Beitrag erklären wir, was Zugewinngemeinschaft und Zugewinnausgleich bedeuten, wie die Berechnung funktioniert, welche Besonderheiten es bei Immobilien, Erbschaften und im Todesfall gibt und welche Ausnahmen, Fristen und steuerlichen Aspekte Sie kennen sollten.
Was bedeutet Zugewinngemeinschaft und Zugewinnausgleich?
Leben Eheleute in einer Zugewinngemeinschaft, ist bei Beendigung der Ehe der Zugewinnausgleich durchzuführen. Grundsätzlich behält jeder Ehepartner bei einer Beendigung des Güterstandes Zugewinngemeinschaft sein eigenes Vermögen. Wenn sein eigenes Vermögen aber im Vergleich zum Vermögen des anderen Ehepartners einen größeren Zuwachs erfahren hat, ist er zum Ausgleich verpflichtet. So wird der Vermögensaufbau in der Ehe fair ausgeglichen.
Wer in Deutschland heiratet und nichts anderes vereinbart , lebt automatisch im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft ( § 1363 BGB ). Das bedeutet: Jeder Ehepartner behält sein eigenes Vermögen . Es entsteht kein gemeinsamer „Topf“, in dem alles zusammenfällt. Bringt jemand also ein Haus, ein Auto oder Schulden in die Ehe ein, bleibt dies zunächst sein Eigentum oder seine Verpflichtung. Ehepartner können aber jederzeit gemeinsames Vermögen schaffen, etwa durch den Kauf einer Immobilie oder ein gemeinsames Konto.
Der Zugewinn beschreibt den Vermögenszuwachs , den ein Ehepartner während der Ehezeit erzielt hat. Entscheidend ist nicht das Einkommen, sondern das Vermögen. Wer mehr verdient, muss nicht automatisch etwas abgeben. Nur wenn das Einkommen zu einem höheren Vermögensstand führt – etwa durch Sparen, Investitionen oder Immobilienkauf – entsteht Zugewinn.
Am Ende der Ehe – sei es durch Scheidung oder Tod – wird das Vermögen beider Ehepartner verglichen. Maßgeblich ist der Unterschied zwischen Anfangsvermögen (zum Zeitpunkt der Eheschließung) und Endvermögen (zum Zeitpunkt der Beendigung, § 1375 BGB ). Derjenige mit dem höheren Zugewinn ist verpflichtet, die Hälfte der Differenz an den anderen auszuzahlen.
So sorgt der Zugewinnausgleich dafür, dass beide Ehepartner fair am Vermögenszuwachs der Ehe beteiligt sind, unabhängig davon, wer wie viel verdient hat.
Wie wird der Zugewinn berechnet?
Der Zugewinn wird berechnet, indem das Vermögen bei Eheschließung mit dem Vermögen bei Beendigung der Ehe verglichen wird. Die Differenz ist der Zugewinn (§ 1373 BGB). Einkommen spielt nur dann eine Rolle, wenn es zu einem Vermögensaufbau führt.
Die Berechnung des Zugewinns richtet sich nach einem einfachen Grundprinzip: Es wird verglichen, wie hoch das Vermögen eines Ehepartners bei Eheschließung war und wie hoch es bei Beendigung der Ehe ist. Der Unterschied dazwischen ist der Zugewinn ( § 1373 BGB ).
- Anfangsvermögen: Das Vermögen, das ein Ehepartner bei Beginn der Ehe besitzt ( § 1374 BGB ). Dazu zählen z. B. Ersparnisse, Immobilien oder Wertgegenstände. Schulden werden abgezogen, sodass auch ein negatives Anfangsvermögen möglich ist.
- Endvermögen: Das Vermögen, das einem Ehepartner bei Beendigung der Ehe gehört (§ 1375 BGB). Maßgeblich ist der Wert am Tag der Zustellung des Scheidungsantrags.
- Formel: Zugewinn = Endvermögen – Anfangsvermögen.
Ein weiterer Punkt ist die Indexierung des Anfangsvermögens ( § 1376 BGB ). Dadurch wird die Geldentwertung berücksichtigt. Ein Betrag, der zu Beginn der Ehe vorhanden war, wird inflationsbereinigt hochgerechnet, um eine faire Vergleichsbasis zu schaffen.
Wichtig ist: Zum Zugewinn gehören nur Vermögenszuwächse. Einkommen, das während der Ehe ausgegeben wird (z. B. für Miete oder Reisen), zählt nicht. Nur wenn aus dem Einkommen Vermögen gebildet wird – etwa durch Sparen, Wertsteigerungen oder Investitionen – erhöht sich der Zugewinn.
Beispiel zur Berechnung des Zugewinns
Eine Frau bringt 10.000 Euro in die Ehe ein und hat am Ende der Ehe 60.000 Euro. Ihr Zugewinn beträgt also 50.000 Euro. Ihr Mann startet ohne Vermögen und hat am Ende 20.000 Euro – sein Zugewinn liegt bei 20.000 Euro .
Die Differenz zwischen beiden Zugewinnen beträgt 30.000 Euro . Dieser Betrag wird halbiert, sodass die Frau 15.000 Euro an ihren Mann ausgleichen muss.
Zugewinnausgleich bei Scheidung – wann er anfällt
Ein Zugewinnausgleich fällt bei Scheidung nur dann an , wenn ein Ehepartner während der Ehe mehr Vermögen aufgebaut hat als der andere. In diesem Fall muss der Ehepartner mit dem höheren Zugewinn die Hälfte der Differenz an den anderen zahlen ( § 1378 BGB ).
Kein Zugewinnausgleich entsteht , wenn beide Ehepartner gleich viel Zugewinn erzielt haben, wenn kein Zugewinn vorhanden ist oder wenn im Ehevertrag Gütertrennung vereinbart wurde. Auch in seltenen Fällen, in denen ein Ehepartner bereits während der Ehe notariell auf den Zugewinnausgleich verzichtet hat, besteht kein Anspruch.
Damit ein Anspruch durchgesetzt werden kann, muss er beantragt werden . Das Familiengericht prüft den Zugewinnausgleich nicht automatisch. Da ein Scheidungsverfahren nur durch einen Anwalt eingeleitet werden kann ( § 114 FamFG ), ist anwaltliche Unterstützung unverzichtbar. Wer den Zugewinnausgleich geltend machen möchte, sollte sich daher frühzeitig an einen erfahrenen Anwalt für Familienrecht wenden.
Unterschieden wird zwischen:
- Einvernehmlicher Scheidung: Ehepartner legen ihre Vermögensverhältnisse offen und einigen sich außergerichtlich oder notariell über den Zugewinnausgleich.
- Streitiger Scheidung: Kommt keine Einigung zustande, entscheidet das Familiengericht und nimmt eine umfassende Prüfung der Vermögensverhältnisse vor.
Zugewinnausgleich und Immobilien
Immobilien können den Zugewinnausgleich erheblich beeinflussen. Entscheidend ist, ob ein Haus oder eine Wohnung bereits in die Ehe eingebracht wurde oder während der Ehe erworben wurde.
Immobilien spielen beim Zugewinnausgleich eine besonders wichtige Rolle, da sie oft den größten Teil des Vermögens darstellen. Entscheidend ist dabei, wann die Immobilie erworben wurde und wem sie gehört .
- Haus in die Ehe eingebracht: Wird eine Immobilie von einem Ehepartner bereits vor der Ehe besessen, gehört sie zu dessen Anfangsvermögen. Nur eine mögliche Wertsteigerung während der Ehe fließt in den Zugewinn ein.
- Alleineigentum während der Ehe: Kauft ein Ehepartner während der Ehe eine Immobilie nur auf seinen Namen, gehört sie zu seinem Vermögen. Der Zugewinn wird dennoch ausgeglichen, da das Endvermögen steigt.
- Gemeinsames Eigentum: Kaufen beide Ehepartner eine Immobilie gemeinsam, zählt der jeweilige Anteil beider in die Berechnung.
Besonders komplex wird es bei Immobilienfinanzierungen . Wird ein Haus während der Ehe gekauft und teilweise gemeinsam abbezahlt, muss im Zugewinnausgleich nicht nur der Verkehrswert der Immobilie berücksichtigt werden, sondern auch die offenen Darlehensverbindlichkeiten.
Gerade bei Immobilien ist der Zugewinnausgleich oft besonders kompliziert. Fragen zur Wertentwicklung, zu offenen Krediten oder zur Aufteilung von Miteigentum lassen sich ohne fachliche Unterstützung kaum sicher beantworten. Ein erfahrener Anwalt für Familienrecht kann hier Klarheit schaffen und dafür sorgen, dass die Interessen beider Seiten rechtssicher berücksichtigt werden.
Zugewinnausgleich bei Erbe oder Schenkung
Nicht jedes Vermögen, das während einer Ehe hinzukommt, wird beim Zugewinnausgleich berücksichtigt. Erbschaften und Schenkungen von Dritten gelten als sogenannter „privilegierter Erwerb“ ( § 1374 Abs. 2 BGB ). Das bedeutet, dass eine während der Ehe erhaltene Erbschaft oder Schenkung so behandelt wird, als hätte der Ehepartner sie bereits zu Beginn der Ehe besessen.
Beispiel: Erhält ein Ehepartner während der Ehe von seinen Eltern eine Schenkung über 50.000 Euro oder erbt er diese Summe, wird dieser Betrag dem Anfangsvermögen hinzugerechnet. Er wird also nicht geteilt.
Anders sieht es bei einer Wertsteigerung aus, denn nur der Vermögenswert selbst ist geschützt, nicht aber die Wertsteigerung. Steigt der Wert einer geerbten Immobilie oder von geschenkten Wertpapieren während der Ehe, so fließt dieser Zuwachs in den Zugewinn ein.
Beispiel: Nimmt eine geerbte Immobilie während der Ehe im Wert von 200.000 auf 300.000 Euro zu, zählen die 100.000 Euro Zugewinn sehr wohl. Dieser Zuwachs wird beim Zugewinnausgleich berücksichtigt.
Schenkungen oder Zuwendungen, die sich Ehepartner gegenseitig machen, sind übrigens kein privilegierter Erwerb . Sie gelten in der Regel als normaler Zugewinn und werden im Ausgleich berücksichtigt.
Zugewinnausgleich im Todesfall
Endet die Ehe durch den Tod eines Ehepartners, greift beim Zugewinnausgleich eine besondere Regelung. Anders als bei einer Scheidung wird nicht der konkrete Vermögenszuwachs beider Partner miteinander verglichen. Stattdessen sieht das Gesetz einen pauschalen Ausgleich vor.
Nach § 1371 BGB erhöht sich der gesetzliche Erbteil des überlebenden Ehepartners um ein Viertel des Nachlasses . Dieser Zuschlag gilt unabhängig davon, ob tatsächlich ein Zugewinn entstanden ist oder nicht.
Beispiel zur Berechnung
Ein Ehepaar hat zwei Kinder. Stirbt ein Ehepartner, beträgt der gesetzliche Erbteil des überlebenden Ehegatten zunächst ein Drittel . Die Kinder teilen sich die restlichen zwei Drittel.
Angenommen, der Nachlass beläuft sich auf 120.000 Euro . Ohne Zugewinnausgleich würde der überlebende Ehepartner 40.000 Euro erhalten und die beiden Kinder jeweils 40.000 Euro .
Durch den pauschalen Zugewinnausgleich nach § 1371 BGB kommt für den Ehepartner ein Viertel des gesamten Nachlasses hinzu, also 30.000 Euro . Sein Anteil steigt damit auf 70.000 Euro . Die beiden Kinder teilen sich die verbleibenden 50.000 Euro und erhalten je 25.000 Euro .
Damit zeigt sich deutlich: Der überlebende Ehegatte wird durch den pauschalen Zugewinnausgleich spürbar besser gestellt.
Zusammenhang mit Erbrecht und Pflichtteil
Der pauschale Zugewinnausgleich ist eine Sonderregelung im Erbrecht . Er ersetzt die konkrete Berechnung, die ansonsten bei einer Scheidung erfolgen würde. Der Ehepartner muss also nicht nachweisen, ob und wie viel Zugewinn tatsächlich entstanden ist.
Besonderheiten ergeben sich, wenn der überlebende Ehegatte die Erbschaft ausschlägt . In diesem Fall kann er statt der erhöhten Erbquote auch den konkreten Zugewinnausgleich verlangen. Dann wird, wie bei einer Scheidung, das Anfangs- und Endvermögen beider Partner miteinander verglichen. Zusätzlich bleibt ihm sein Pflichtteilsanspruch erhalten.
Der Zugewinnausgleich im Todesfall kann die Erbquoten erheblich verändern und damit auch zu Konflikten zwischen dem überlebenden Ehepartner und den übrigen Erben führen. Es ist daher sinnvoll, sich frühzeitig mit den Folgen auseinanderzusetzen und durch ein Testament oder einen Ehevertrag klare Regelungen zu treffen. Wenn Sie sich diesbezüglich beraten lassen möchten oder Hilfe benötigen, sind wir mit unserer Kanzlei am Martinsplatz in Bonn gerne für Sie da.
Verzicht, Ausschluss und Ausnahmen
Nicht in jeder Ehe kommt es am Ende zu einem Zugewinnausgleich. Ehepartner haben die Möglichkeit, den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft durch einen Ehevertrag zu ändern. Wird darin zum Beispiel Gütertrennung vereinbart, findet später kein Zugewinnausgleich statt.
Auch ein notarieller Verzicht auf den Zugewinnausgleich ist möglich. Dieser kann entweder bereits im Ehevertrag oder auch während der Ehe vereinbart werden. Wichtig ist, dass eine solche Vereinbarung immer notariell beurkundet sein muss, um wirksam zu sein.
Darüber hinaus gibt es Sonderfälle , in denen der Zugewinnausgleich trotz Zugewinngemeinschaft eingeschränkt oder ausgeschlossen sein kann. Dazu gehören insbesondere:
- Illoyale Vermögensminderungen ( § 1375 Abs. 2 BGB ): Wenn ein Ehepartner Vermögen bewusst verschleudert, etwa durch teure Schenkungen oder durch Spielsucht kurz vor der Scheidung, wird dieser Vermögensabfluss bei der Berechnung nicht berücksichtigt.
- Unbilligkeit ( § 1381 BGB ): Ein Ehepartner kann den Zugewinnausgleich verweigern, wenn dessen Durchführung eine grobe Härte darstellen würde. Beispiele sind Fälle schwerer häuslicher Gewalt oder wenn ein Ehepartner während der Ehe systematisch Vermögen verschleiert oder beiseite geschafft hat. In solchen Situationen wäre es unbillig, wenn der fehlbare Ehepartner auch noch vom Zugewinnausgleich profitiert.
Der Zugewinnausgleich ist zwar der gesetzliche Regelfall, lässt sich aber durch vertragliche Gestaltung oder in besonderen Konstellationen auch ausschließen. Gerade solche Vereinbarungen sollten jedoch nie ohne anwaltliche Beratung geschlossen werden, da sie erhebliche Auswirkungen auf die Vermögensaufteilung im Falle einer Scheidung oder eines Todesfalls haben.
Verjährung und Fristen beim Zugewinnausgleich
Der Anspruch auf Zugewinnausgleich verjährt in der Regel nach 3 Jahren. Die Frist beginnt am Ende des Kalenderjahres, in dem die Scheidung rechtskräftig wurde und der Berechtigte die maßgeblichen Umstände und die Person des Schuldners kennt (§§ 195, 199 BGB). In der Praxis bedeutet das: Die Frist läuft normalerweise ab dem Jahresende der rechtskräftigen Scheidung. Verhandlungen mit dem anderen Ehepartner oder die Einreichung eines Antrags beim Familiengericht hemmen die Verjährung (§§ 203, 204 BGB).
Der Stichtag für die Berechnung des Zugewinns ist die Zustellung des Scheidungsantrags. Der Beginn der Verjährung knüpft jedoch an die Rechtskraft der Scheidung an. Das führt in der Praxis oft zu Verwechslungen – Berechnungsstichtag und Verjährungsbeginn sind nicht identisch.
Die wichtigsten Punkte im Überblick
- Regelfrist 3 Jahre: Allgemeine Verjährungsfrist nach § 195 BGB .
- Fristbeginn: Ende des Jahres, in dem die Scheidung rechtskräftig wurde ( § 199 Abs. 1 BGB ).
- Kenntnis: Das bedeutet, dass der geschiedene Ehepartner weiß, dass ein Anspruch auf Zugewinnausgleich besteht und dass er ihn gegen den Ex-Partner richten kann. Diese Voraussetzung ist praktisch immer mit der Rechtskraft der Scheidung erfüllt.
- Höchstfristen: Selbst wenn jemand nichts von seinem Anspruch weiß, sieht das Gesetz eine absolute Grenze vor. Nach spätestens 30 Jahren (§ 199 Abs. 3 BGB) ist jeder Anspruch auf Zugewinnausgleich endgültig verjährt.
- Hemmung der Verjährung:
- Verhandlungen zwischen den (Ex-)Ehegatten (§ 203 BGB).
- Einreichung eines Antrags/Klage auf Zugewinnausgleich beim Familiengericht (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB).
- Wichtig: Entscheidend ist nicht der Tag der Einreichung beim Gericht, sondern der Tag, an dem der Antrag dem Ex-Partner offiziell zugestellt wird. Nur dann ist die Verjährung rechtzeitig gehemmt.
Beispiel zur Frist beim Zugewinnausgleich
Die Scheidung wird am 15. Mai 2022 rechtskräftig . Die 3-Jahres-Frist beginnt mit dem 31. Dezember 2022 zu laufen und endet mit Ablauf des 31. Dezember 2025 .
Wird im Jahr 2024 ein Zugewinnausgleichsantrag beim Familiengericht eingereicht und zugestellt, ruht die Verjährung ab diesem Zeitpunkt, bis das Verfahren beendet ist.
Praxis-Tipp: Wer Ansprüche auf Zugewinnausgleich hat, sollte frühzeitig Unterlagen sichern (Vermögensstände zum Stichtag, Belege zu Erbschaften/Schenkungen etc.) und die Frist im Blick behalten. Ein kurzer anwaltlicher Check hilft, den richtigen Zeitpunkt für Verhandlungen oder die gerichtliche Geltendmachung zu wählen. Unser Fachanwalt für Familienrecht hilft Ihnen gerne dabei.
Steuerliche Aspekte und Finanzierung des Zugewinnausgleichs
Der Zugewinnausgleich ist grundsätzlich steuerfrei . Das bedeutet, dass die Ausgleichszahlung zwischen den geschiedenen Ehepartnern keine Schenkungssteuer oder Einkommenssteuer auslöst. Der Gesetzgeber betrachtet den Ausgleich nicht als steuerpflichtigen Vermögenstransfer, sondern als gerechte Aufteilung des in der Ehe gemeinsam erwirtschafteten Zugewinns.
Finanzierung der Ausgleichszahlung
In der Praxis stellt sich oft die Frage, wie ein Ehepartner den Zugewinnausgleich bezahlen soll, wenn das Vermögen überwiegend in Immobilien oder anderen Sachwerten gebunden ist. Typische Möglichkeiten sind:
- Verkauf von Vermögenswerten: Immobilien, Wertpapiere oder andere Anlagegüter können veräußert werden, um liquide Mittel zu schaffen.
- Kreditaufnahme: Banken bieten in solchen Fällen häufig spezielle Darlehen an, mit denen die Ausgleichssumme finanziert werden kann.
- Ratenzahlungen: In einvernehmlichen Scheidungen einigen sich Ehepartner oft auf eine Ratenzahlung oder Stundung der Summe, um die finanzielle Belastung abzumildern.
Wenn der Zugewinnausgleich nicht bezahlt werden kann
Problematisch wird es, wenn ein Ehepartner die Ausgleichszahlung weder durch eigenes Vermögen noch durch Kredite leisten kann. In solchen Fällen kann das Gericht die Zwangsvollstreckung zulassen, etwa durch die Pfändung von Einkommen oder Konten .
Besonders häufig ist auch die Situation, dass eine Immobilie im Spiel ist: Reichen die Mittel nicht aus, muss im Zweifel die Immobilie verkauft oder belastet werden, um den Zugewinnausgleich sicherzustellen.
Beispiel: Ein Ehepaar besitzt ein Haus im Wert von 400.000 Euro, das im Alleineigentum des Mannes steht. Während der Ehe hat er damit einen erheblichen Zugewinn erzielt. Nach der Scheidung schuldet er seiner Frau einen Ausgleich von 100.000 Euro. Da er keine Ersparnisse hat und auch keinen ausreichenden Kredit bekommt, bleibt ihm nur, das Haus zu verkaufen oder mit einer Hypothek zu belasten, um den Zugewinnausgleich zahlen zu können.
Tipp: Nach § 1382 BGB kann das Gericht auf Antrag die Zahlung des Zugewinnausgleichs stunden, wenn die sofortige Zahlung für den Verpflichteten eine unzumutbare Härte bedeuten würde. Das ist z.B. der Fall, wenn das Vermögen fast ausschließlich in einer Immobilie gebunden ist. Die Zahlung wird dann auf einen späteren Zeitpunkt verschoben oder in Raten gestattet.
Gerade weil es hier um hohe Summen geht, empfiehlt es sich, frühzeitig eine anwaltliche Beratung in Anspruch zu nehmen. Ein Anwalt kann prüfen, ob eine einvernehmliche Lösung möglich ist und wie sich eine drohende Zwangsvollstreckung vermeiden lässt. Wenn Sie in Bonn oder Umgebung leben, kontaktieren Sie uns gerne , wenn Sie Hilfe bei diesem Thema benötigen.
Fazit – Zugewinnausgleich rechtssicher regeln
Der Zugewinnausgleich ist ein zentrales Instrument des deutschen Familienrechts. Er sorgt dafür, dass Vermögenszuwächse, die während einer Ehe entstehen, fair zwischen den Partnern verteilt werden. Dabei gibt es viele Details, von der Berechnung des Zugewinns über Sonderfälle wie Erbschaften oder Immobilien bis hin zu Fragen der Verjährung und der Finanzierung .
Wichtig ist: Auch wenn das Grundprinzip einfach klingt, steckt der Teufel im Detail. Schon kleine Fehler bei der Bewertung von Vermögen oder beim Fristenlauf können große finanzielle Auswirkungen haben. Deshalb sollten Sie sich frühzeitig informieren und, wenn es konkret wird, rechtlichen Rat einholen.
Wenn Sie sich für den Zugewinnausgleich interessieren oder eine konkrete Berechnung benötigen, finden Sie in unserer Kanzlei am Martinsplatz in Bonn kompetente Ansprechpartner, die Ihre Situation individuell prüfen und begleiten.
FAQ zum Zugewinnausgleich
Zum Zugewinn zählen grundsätzlich alle Vermögenszuwächse, die während der Ehe entstehen. Dazu gehören Ersparnisse aus Einkommen, Immobilienkäufe oder deren Wertsteigerungen, Aktien und andere Wertpapiere sowie Ansprüche aus Lebensversicherungen. Wichtig ist, dass nicht das Bruttovermögen betrachtet wird, sondern das Reinvermögen, also nach Abzug der bestehenden Schulden.
Nicht jeder Vermögenszuwachs fällt in den Zugewinnausgleich. Erbschaften und Schenkungen von Dritten gelten als sogenannter „privilegierter Erwerb“ (§ 1374 Abs. 2 BGB). Sie werden so behandelt, als hätte der Ehepartner sie bereits zu Beginn der Ehe besessen. Allerdings zählt die Wertsteigerung solcher Vermögenswerte während der Ehe doch zum Zugewinn. Schenkungen zwischen Ehepartnern selbst gehören hingegen zum normalen Zugewinn.
Ein Zugewinnausgleich entfällt, wenn im Ehevertrag Gütertrennung vereinbart wurde oder beide Partner notariell auf den Ausgleich verzichten. Außerdem kann der Ausgleich ausgeschlossen werden, wenn er eine grobe Unbilligkeit darstellen würde, zum Beispiel bei schwerem Fehlverhalten eines Ehepartners (§ 1381 BGB). In solchen Fällen entscheidet das Gericht.
Ja. Der Anspruch verjährt in der Regel nach drei Jahren. Die Frist beginnt am Ende des Kalenderjahres, in dem die Scheidung rechtskräftig geworden ist. Das bedeutet: Wird eine Scheidung am 15. Mai 2022 rechtskräftig, endet die Frist am 31. Dezember 2025. Durch Verhandlungen oder die Einreichung eines Antrags beim Familiengericht kann die Verjährung gehemmt werden. Entscheidend ist dabei nicht die Einreichung, sondern die Zustellung des Antrags an den Ex-Partner.
Bei Immobilien kommt es entscheidend darauf an, wann die Immobilie erworben wurde.
Wird eine Immobilie während der Ehe gekauft oder gebaut, fällt ihr gesamter Wert in den Zugewinn, abzüglich eventueller Schulden, etwa eines laufenden Darlehens. Der Wertzuwachs bis zur Scheidung wird vollständig berücksichtigt, weil die Immobilie zum Endvermögen gehört.
Wird eine Immobilie dagegen bereits vor der Ehe besessen, zählt ihr Wert zum Anfangsvermögen. Nur die Wertsteigerung während der Ehe wird dann in den Zugewinnausgleich einbezogen.
Beispiele:
Eine Ehefrau kauft während der Ehe eine Eigentumswohnung für 250.000 Euro. Zum Zeitpunkt der Scheidung ist sie 300.000 Euro wert – der gesamte Wertzuwachs von 50.000 Euro fließt in den Zugewinn ein.
Ein Ehemann bringt ein Haus im Wert von 200.000 Euro in die Ehe ein, das bei der Scheidung 300.000 Euro wert ist. Nur die 100.000 Euro Wertsteigerung zählen als Zugewinn.
Da die Bewertung von Immobilien aufgrund unterschiedlicher Ansichten über Marktwert oder Verkehrswert häufig zu Streit führt, ist in der Regel ein Sachverständigengutachten erforderlich.
Ein Anwalt ist nicht zwingend vorgeschrieben, aber in fast allen Fällen dringend zu empfehlen. Gerade bei hohen Vermögenswerten, Immobilien oder komplexen Vermögensverhältnissen kann nur ein Anwalt eine faire und rechtssichere Berechnung sicherstellen. Außerdem ist anwaltliche Unterstützung nötig, wenn es zwischen den Ehepartnern keine Einigung gibt und der Zugewinnausgleich gerichtlich durchgesetzt werden muss.